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IRRLICHTER

Beobachtungen eines Höhlen-Film-Projektes

 

IRRLICHTER  Deutschland/Schweiz/Österreich 1997 35 mm; 90 min

 

Die Personen und ihre Darsteller:
 

Meta Forster, eine Journalistin: Barbara Auer
Ralph Mettler, die Versuchsperson: Tobias Langhoff

Professor Havlik, ein Wissenschaftler: Christian Redl
Tresch, ein Wirt: Walo Lüönd
Höllerer: Adolph Spalinger
Grüninger: Michael Kind

Das Team:
 

Kamera: :Peter Indergand
Ausstattung: Barbara Becker
Schnitt: :Birgit Klingl
Musik: :Alex Kirschner
Buch: Christoph Kühn und Carlo Meier

Die Handlung

RALPH METTLER wird als Versuchsperson eines wissenschaftlichen Experiments in ein weitverzweigtes Höhlensystem gebracht. Das Fernsehen nimmt das Ereignis, in dem es um die Erforschung des Zeitgefühles in der anhaltenden Dunkelheit geht, als Höhepunkt für die tägliche Übertragung im Reality-Stil.

 

Als das Team den touristisch ausgebauten Teil der Höhle verlässt, stellen sich die ersten Schwierigkeiten ein, wie die Crew mit den Geräten durch die engen und glitschigen Passagen gelangt. Vom Übertragungswagen aus leitet Regisseur JÖRG GRÜNINGER, der per Kopfhörer mit dem Fernsehteam verbunden ist, die Sendung.

 

Das Einführungsinterview misslingt. META FOERSTER, die Moderatorin, versucht Ralphs persönliche Motivation für die Teilnahme am Experiment zu erfahren. Doch Ralph gibt sich nicht kooperativ. Als ein weiteres Interview misslingt, reagiert Meta, die auch unter dem wachsenden Druck des Regisseurs und des Teams steht, ungehalten und zynisch. 

Draußen bricht ein Gewitter herein, das Professor HAVLIK, wissenschaftlicher Leiter des Experiments, zunächst als harmlos bezeichnet. Doch SEFI TRESCH, die einheimische Wirtin des Dorfgasthauses, warnt eindringlich vor einer Überflutung der Grotte.

 

Als durch seismische Erschütterungen ein Felssturz im Berg ausgelöst wird, kommt ein Kameraassistent ums Leben, die restliche Equipe sowie der Grottenwart und -führer SEPP TRESCH können sich befreien. Ausgerechnet Meta und Ralph bleiben als einzige in der Grotte eingeschlossen. Die Verbindung mit der Außenwelt ist abgebrochen.

 

Die beiden müssen bald einsehen, dass sie nur gemeinsam eine Chance zum Überleben haben. Fieberhafte Suchaktionen werden gestartet: Bergungsspezialisten und Feuerwehr arbeiten sich im Berg voran. Regisseur Grüninger realisiert nach einem ersten Schock den hohen Interessenwert der Lage und überträgt die aktuellen Ereignisse im Fernsehen.

 

Inzwischen werden Ralph und Meta von Klaustrophobie, Angst vor dem Ertrinken und Verzweiflung hin und her gerissen. Ihre von oben mitgebrachten Fassaden werden zunehmend durchlässig und brüchig.

 

Völlig entkräftet treffen sie schließlich auf einen alten Mann, der in der Höhle zu leben scheint. Er gibt ihnen zu Essen und Trinken und macht ihnen Hoffnung, sie nach draußen zu führen. Sie erkennen, dass es sich bei dem Alten um den verschollenen Geologen HARALD HÖLLERER handelt, der sich vom ehemals rücksichtslosen Forscher in einen Anbeter der Natur gewandelt hat.

 

Ralph findet eine Karte, in der ein Schacht zu einem zweiten Ausgang eingezeichnet ist. Die Karte erweist sich als Finte. Der Alte hat Meta und Ralph zu seinen Nachfolgern erkoren, die sein Erbe in der Ewigkeit des Steins antreten sollen.

 

Unter Professor Havliks Leitung soll eine Stelle im Berg gesprengt werden, um die hinter dem Felssturz aufgestauten Wassermassen abzulassen und so die Rettungschancen zu erhöhen. Als gesprengt wird, zerstört die Wasserwelle den Grottenteil, in dem Höllerer haust. Ralph und Meta können sich retten, der Alte ertrinkt in den Fluten.

Ausgehungert geben Meta und Ralph die letzte Hoffnung auf. Die letzte Schuttschicht ihrer eigenen Verletzlichkeit fällt von ihnen ab; aus den einstigen Antipoden wird angesichts der Gefahr ein Liebespaar. Unbemerkt ist Ihnen in der Nacht der Durchstieg zu einem verborgenen Höhlenausgang gelungen, von wo sie schließlich geborgen werden. Im Licht des Alltags wird ihnen klar, daß sie jemand anderer geworden sind – oder vielleicht etwas mehr sie selbst.

 

Am Anfang war der Zufall


Oktober1995: Die einzigen weiteren Gäste in der Taverne in Postojna sitzen am Nebentisch und scheinen sich ebenfalls über Höhlen zu unterhalten. Was sollte einen auch sonst ins Herz des Klassischen Karstes, nach Slowenien führen, außerhalb der Saison. Wie es der Zufall so will - oder war es mehr oder weniger unumgänglich (?) - kommt man ins lockere Gespräch - es sollte eine längere Geschichte werden ...

Ein Projekt entsteht

Bei den drei Nachbarn handelt es sich um Regieassistentin Birgit Klingl, Filmarchitektin Barbara Becker, beide aus München und Christoph Kühn, Regisseur aus Zürich, die unterwegs sind, um Lokalitäten für einen Spielfilm zu suchen. Dieser spielt überwiegend in einer Höhle.

Nun, die nächsten Tage sollten anders verlaufen, als geplant. Schnell freundeten wir uns an, konnten dem Filmteam mit Tips behilflich sein, erzählten noch ein wenig über Höhlen – und wurden eingeladen, am nächsten Tag in die Divasca Jama mitzugehen. Natürlich ergriffen wir die Gelegenheit.

Am Nachmittag des Tages besuchen wir noch kurz den Eingang zur Höhle Dimnice, deren spektakulärer Eingangsschacht den Zugang zur Filmhöhle darstellen soll. Den darauf folgenden Tag trafen noch drei Mitglieder der Filmcrew ein, um eine (bereits zweite) Besichtigung der Höhle von Vilenica vorzunehmen. Auch dabei schlossen wir uns nochmals an. So waren es zwei erfolgreiche Tage, an denen wir zwei Höhlen recht intensiv erleben durften, viele Fotos machen konnten, eine Vorahnung bekamen, welche Schwierigkeiten bei Dreharbeiten in einer Höhle auftreten können und – an deren Ende eine Einladung stand, die Dreharbeiten im nächsten Jahr zu besuchen. 

Sommer 1996 
 

Eine gute Zeit hatten wir nichts mehr gehört, dann kam doch eine Nachricht: es habe wohl Verzögerungen gegeben, nun aber stehe fest, daß ab Anfang Oktober mit der Realisierung des Projektes begonnen werde.

Klappe, die erste ...

 

Oktober 1996: Wir wollen eine Woche nach Kroatien fahren und beschließen, bei der Hinfahrt einen ersten Besuch einzuplanen. Das Hotel Jama in Postojna ist der Stützpunkt der Filmcrew für ca. 6 Wochen, die die Dreharbeiten dauern werden. Die Außendreharbeiten haben bereits begonnen, wie vorgesehen vor der Höhle Dimnice.

Am nächsten Tag besuchen wir den Drehort. Auf dem Weg zum Höhleneingang wurde eine Hütte aufgebaut, vor der gerade Szenen geprobt werden. Ein ziemlicher Aufwand ist da zu bestaunen: Das technische Equipment, vor allem natürlich die Beleuchtung ist doch aufwendig. Zum ganzen Team gehören fast 50 Leute. Die müssen natürlich transportiert und versorgt werden, so gleicht der Parkplatz einem Heerlager mit Feldküche, Versorgungszelt, Wohnwagen als Künstlergarderoben, einem Generatorwagen für die Stromversorgung usw.

 

Die wirklich angenehme Überraschung aber ist: Wir werden freundlich empfangen, dürfen uns vollkommen frei bewegen, alles fotografieren und jeden fragen. Natürlich haben die Hauptakteure keine Zeit für uns, so ein Projekt steht natürlich immer unter Zeitstreß, weil nie alles funktioniert, wie es soll. Aber für kurze Gespräche in den Pausen reicht es allemal.

Auch ist bald der Kontakt zu weiteren wichtigen Leuten hergestellt, z.B. dem Produktionsleiter, Herrn Malzacher und dem Aufnahmeleiter, Herrn Joachim. Ein paar freundliche und erklärende Worte erzeugen auch hier eine erstaunliche Offenheit, die wir gar nicht erwartet hatten. 
 

Inzwischen wurde auch der Eingang der Höhle, ein fast kreisrunder, 50 m tiefer Schacht, um den herum wie eine Wendeltreppe der Zugangsweg in die Schauhöhlenteile führt, für die Aufnahmen hergerichtet. Insbesondere ist dafür immer eine Zusatzbeleuchtung zur Aufhellung der dunklen Partien einer Szene nötig, um den Kontrastumfang zu reduzieren. Riesige Scheinwerfer werden in Stellung gebracht und ausgerichtet. Für uns ergibt das einige Fotos, die so sicher niemals wieder möglich sind, denn diese Art der ausgeglichenen Beleuchtung wäre mit Blitztechnik kaum zu erzielen.

 

Wir beobachten noch einige Szenen im Eingangsbereich und versäumen es nicht, auch in die Höhle hinunterzusteigen, die wir ohne Probleme besichtigen können.  Am Abend fahren wir nach Kroatien weiter, gespannt auf die nächste Woche ...

 

Klappe, die zweite ...

Eine Woche später ...
Als wir wieder in Postojna eintreffen, ist das Filmteam umgezogen. Das Heerlager steht jetzt vor der Höhle von Otok, die einen Teil des Höhlensystemes der Postojnska-Höhle bildet. Die Innenaufnahmen haben begonnen. Diese gestalten sich für uns natürlich noch weit interessanter.
Der technische Aufwand ist hier noch größer, insbesondere natürlich wieder der der Beleuchtung.  Mit zahlreichen Scheinwerfern und großflächigen Reflektorwänden wird die zugegebenermaßen perfekte Höhlenausleuchtung realisiert. Wieder die Gelegenheit für uns für unwiederbringliche Fotos. 

 

Die Szenen eines Filmes werden ja nicht chronologisch gedreht, sondern so wie es organisatorisch passt. Für uns ist daher nicht immer nachvollziehbar, wozu der gerade gedrehte Teil gehört.

 

Zunächst beobachten wir Szenen, in denen der Hauptdarsteller durch die Höhle flüchtet. Unter anderem stürzt er, rappelt sich wieder hoch, versucht, eine Felswand hochzuklettern, u.s.w. Dem mangelnden Wasser in der Höhle wird durch Schläuche nachgeholfen, die dort Wasserfälle erzeugen, wo sie nach Meinung des Regisseurs hingehören. 

 

Parallel zu dem Schauplatz, an dem gerade gearbeitet wird, werden andere Szenen hergerichtet. So werkeln in allen Ecken der Höhle Arbeiter. An verschiedenen Stellen werden relativ aufwendige Einbauten erstellt.

 

Damit Kamera und Regie den optimalen Stand haben, werden teilweise Bühnen oder Schienen für Kamerafahrten errichtet, z.B. auch für eine Szene, in der Höhlenforscher in ein Boot steigen und einen See überqueren. Die Kameraleute arbeiten im knietiefen Wasser, dem Wasserstand wird mit einer Barriere aus Sandsäcken nachgeholfen. Die Kamera selbst fährt auf einer Schiene und kann so das Boot "begleiten". Regie, Kamera und natürlich die betroffenen Schauspieler gehen von einem vorpräparierten Drehort zum anderen und drehen die Spielszenen, wofür natürlich immer mehrere Anläufe nötig sind. 

 

Daher ist auch bei rationellem Vorgehen die Zeit nicht zu unterschätzen, die letztlich für jede Einstellung benötigt wird. Im Endeffekt werden kaum mehr als drei Minuten fertiger Film pro Drehtag produziert. 
 

Inzwischen haben wir uns mit vielen Mitgliedern des ganzen Teams bekanntgemacht und erfahren von allen interessante Details. Der Drehort Höhle stellt schon eine Herausforderung für Mensch und Material dar. Als schwierig wird vor allem der Zugang zu den Drehorten und der Materialtransport dorthin empfunden.  


Dabei ist die Höhle von Otok wie vermutlich keine zweite auf der Welt so geeignet. Man kann unmittelbar vor der Höhle parken. Die Höhle bietet keinerlei Schwierigkeiten in der Begehung, um in die Haupthalle zu kommen, muß keine einzige Stufe überwunden werden. In der Haupthalle ist genügend Platz und der Boden kann fast überall betreten werden, ohne dass etwas zerstört werden kann. Von der Haupthalle aus sind schön versinterte Teile, die gut in Szene gesetzt werden können, reichlich vorhanden. Gleichzeitig bietet die Höhle eine gute Formenvielfalt, auch gering versinterte, wasserführende Teile oder Schuttreißen, so dass auch verschiedene Erscheinungsformen einer Höhle dargestellt werden können. 

 

Höhlenkunst contra Höhlenschutz ?

Natürlich stellt sich auch die Frage: Wieviel Film verträgt eine Höhle?
Nun, zugegebenermaßen erschrickt man natürlich schon im ersten Moment. Wenn 50 Leute pausenlos in einer Höhle unterwegs sind, geht das nicht spurlos vorbei.

 

In die Höhle müssen jede Menge Kabel gelegt werden, das technische Material muß darin transportiert werden. Einbauten werden benötigt, und da kommt es schon vor, dass ein Pfosten einmal mittels Strick an einem Stalagmiten befestigt wird. Beleuchtungskörper mit gewaltigen Wattleistungen werden installiert, wenn auch natürlich nur für kurze Zeit.

 

Die Höhle wird von vielen Leuten betreten - und natürlich sollen die Szenen ja vor "schöner" Kulisse spielen, also in den sinterreichsten Teilen. 
Andererseits muss man zugestehen, dass ein Bewußtsein für die Schutzwürdigkeit dieses Raumes schon vorhanden war. Es wurde auch versucht, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Wege der Höhle wurden komplett mit Stoffbahnen ausgelegt. Absperrungen sollten vor dem allzu sorglosen Begehen der ganzen Höhle schützen. Natürlich wachten die einheimischen Führer der Höhlenverwaltung über die Einhaltung der gestellten Auflagen.  


Wir konnten selbst bei einer Begehung dabeisein, bei der ein Vertreter des zuständigen Ministeriums, Herr Mag. Daniel Rojsek, sich vor Ort umsah. Dabei ging es um die Genehmigung, einen Teil der Höhle zu überfluten.
Natürlich war auch ein Rauchverbot ausgesprochen worden - das allerdings nicht eingehalten wurde.

 

Die ganze Sache kann man natürlich generell kontrovers diskutieren. Uns erschien sie letztlich noch am ehesten dadurch vertretbar, dass es sich ja um eine Schauhöhle handelt. Die Erschließung der Höhle ist schon gegeben. Durch das Anlegen der Wege wurde bereits ein erheblicher Eingriff in die Höhle vorgenommen. Diese "Infrastruktur" ermöglicht letztlich diese Arbeit. Es ist kaum vorstellbar, diesen Aufwand in einer wirklich unerschlossenen Höhle zu betreiben - sicher wäre das Schadenspotential dort auch weit größer. 


Damit gelten für ein solches Projekt letztlich die Kriterien wie für die Erschließung einer Höhle zur Schauhöhle - diese Erörterung würde an dieser Stelle aber zu weit führen. 

 

Künstliche Höhlen als Höhlenkunst

Ein ganz neuer Aspekt der Höhlenkunst offenbarte sich uns am Rande.
Um der natürlichen Ausstattung der Höhlen an passender Stelle etwas nachzuhelfen, bediente man sich auch einiger künstlicher Tropfsteine. Erstaunt waren wir von der Qualität dieser Teile. Sie waren wirklich nicht von der Umgebung zu unterscheiden, zumal natürlich bei der entsprechenden Beleuchtung.

 

Zuständig für deren Konstruktion war Robert Schätz, wie sich im Gespräch herausstellen sollte, ein Künstler, der deutscher Abstammung ist, aber in Liechtenstein wohnt. Von der Ausbildung her Kunstmaler betätigt er sich häufiger auch als Ausstatter und Mitgestalter von Kunstausstellungen, Bühnen und Filmen. Er zeigte uns Fotos von Bauten, die er für Filme realisiert hat, z.B. einem Teil einer Kanalisation. 
 

Künstliche Höhlen als Kunstwerke - und deren Verwendung in einer künstlerischen Produktion - eine neue Dimension war geboren.

Die Sensation folgte noch: auch für dieses Projekt hatte er vor, eine künstliche Höhle zu bauen. Diese sollte versenkbar in ein Wasserbecken sein, um eine einbrechende Flut zu simulieren. In uns reifte die Gewißheit, dass noch ein Besuch in Postojna fällig werden würde.

 

November 1996: Robert Schätz hat sich tatsächlich wieder gemeldet. In wenigen Tagen würde seine Höhle fertig. Wir müssten aber genau am richtigen Tag da sein, da sie unmittelbar nach Fertigstellung für nur 2 Tage gebraucht würde und dann wieder vernichtet wird.


Mein Freund Hannes Rampetsreiter und ich fahren mit gemischten Gefühlen los. Das ursprünglich riesig geplante Objekt wurde aus Kostengründen ziemlich abgespeckt. Von der projektierten, 12 m langen, geschlossenen Höhle ist nur mehr eine ca. 7 m lange Halbhöhle übrig geblieben. Statt sie zu versenken, soll sie nun von vorne herein geflutet werden. Dennoch gestaltet sich der Besuch interessant.

 

Das Filmteam hat den Schauplatz wieder gewechselt. Die letzten Szenen werden in der Crna Jama gedreht. Inzwischen haben die Akteure mit widrigen Umständen zu kämpfen. Das Wetter ist schlecht, es regnet in Strömen, von der Decke der Höhle tropft es überall. Wir beneiden jetzt das Team nicht, in der unwirtlichen Höhle nun schon die fünfte Woche arbeiten zu müssen. Kurz besuchen wir nochmals die unterirdischen Schauplätze. 

 

Unser Interesse gilt aber dann mehr der riesigen Holzkonstruktion vor der Höhle. In ein etwa 10 m langes, drei Meter breites, mannshohes Holzbassin, das mit Teichfolie abgedichtet ist, ist die künstliche Höhle eingebaut. Es handelt sich um drei große Teile, ein Wandteil, ein Deckenteil, das unter eine begehbare Decke gehängt ist und eine Öffnung besitzt, durch die die Akteure aus der überfluteten Höhle in eine höhere Etage flüchten sollen und nochmals um ein Wandteil, das diese höhere Etage darstellt. Von der Seite kann dann das Ganze gefilmt werden. Natürlich muß das Gebäude entsprechend massiv sein, um den Wasserdruck von etlichen Kubikmetern auszuhalten.

 

Wir kommen gerade recht, die Konstruktion ist fertig montiert. Wir helfen noch bei der Reinigung des Beckens. Dafür wird dann die Flutung etwas hinausgezögert, damit wir noch einige Fotos machen können. 

 

Der Eindruck der Höhle ist perfekt - ein Kunstwerk im Dienste der Kunst. Wir stehen vor einer Sinterwand aus bemaltem Schaumstoff. Hannes muss als Modell (natürlich in kompletter Höhlenausrüstung) herhalten, um die Illusion zu vervollständigen.
 

Wieder einmalige Fotos, die uns so gelingen - und nur für eine halbe Stunde möglich sind. Dann werden wir endgültig hinausgejagt, das Becken wird geflutet. Der untere Teil der Höhle wird bald brusttief unter Wasser stehen. Unter anderem wird eine Unterwasserkamera eingesetzt werden, um möglichst spektakulär die Flucht der beiden Hauptdarsteller vor dem steigenden Wasser darzustellen. Im letzten Moment sollen diese das rettende Loch in der Decke erreichen und sich mit letzter Kraft hinaufziehen.

 

Das Wasser wird dafür auf Badewannentemperatur erwärmt, damit die langwierigen Dreharbeiten abgewickelt werden können. Unter Realbedingungen ist so eine Szene kaum zu drehen, daher wird auch der Aufwand betrieben, nur für diese eine Szene eine künstlich Höhle zu bauen.

 

Die Dreharbeiten können wir nicht mehr miterleben. In der Enge der Räumlichkeiten würden wir auch kaum viel sehen. Am nächsten Tag hat sich das Wetter weiter verschlechtert. Im Filmteam sind Anzeichen von Panik erkennbar. Es droht Schneefall für den nächsten Tag. Dann mit den Lastwagen auf den Waldwegen ...
 

Auch wir ergreifen die Flucht zurück über die Alpen - und wünschen dem Film, daß er nicht im Chaos enden möge !

 

Klappe - die letzte...

 

März 1997: Die letzte Meldung über das Projekt sind gut. Die restlichen Außendrehs konnten beendet werden, denn der Schnee blieb aus. Noch einige Erschwernisse waren zu bewältigen. Der Darsteller des Höllerer etwa war der bekannte, dreiundachzigjährige Burgschauspieler Adolph Spalinger (er ist 2004 in Basel verstorben). Er wurde teilweise in einer Sänfte zu den Drehorten getragen, wohl auch, um das Verletzungsrisiko zu minimieren, denn keine Versicherung hatte das Risiko übernehmen wollen.

 

Auch der Einsatz der tierischen Darsteller gelang, wenn auch die importierten Spinnen mit dem Föhn etwas vorgewärmt werden mussten, um Aktivität zu zeigen.

 

Ungewöhnlich war der Einsatz von Fledermäusen, die das eindringende Wasser anzeigen sollten, indem sie als Schwarm durch eine Öffnung dem Darsteller entgegenfliegen. Über einen französischen Filmtierlieferanten wurden ca. 200 in Amsterdam gezüchtete Fledermäuse (einer ägyptischen Art) ausgeliehen, die in einem beheizten Käfig unter tiermedizinischer Aufsicht gehalten wurden. Für die Aufnahmen wurden sie in eine Art Zelt entlassen, das einen Wandteil in der Crna Jama umschloß, in dem sich ein Durchschluf befindet, den die Tiere munter benützten. Dabei ist der Schauspieler nicht vor Ort, die Szene, in der die Tiere den Darsteller haarscharf über- und umfliegen, entsteht als Kombination getrennter, genau berechneter Einstellungen. Tricktechnisch wird durch ein Spezialverfahren dabei auch noch die gefilmte Anzahl Fledermäuse vervierfacht. In der finalen Fassung wird die Szene höchstens einige Sekunden lang sein ...

Besonders erfreulich war, dass Regisseur Kühn noch einen Abend Zeit fand, sich in München zu uns einladen zu lassen, um noch ein Nachbereitungsgespräch zu führen. Wir zeigen unsere Bilder und das Diaporama "Kunstotal - Ein audiovisuelles Höhlenkunstwerk", das wir inzwischen u. a. aus Bildern, die während und im Umfeld der Dreharbeiten entstanden waren, für die Jahrestagung des Arbeitskreises Höhle, Religion und Psyche zusammengestellt haben. 

 

Das Gespräch wird locker und siehe da, wir lernen noch manchen neuen Aspekt einer solchen Projektarbeit kennen. Schwierigkeiten, die entsprechenden Genehmigungen zu bekommen, werden angesprochen, Zuständigkeiten bei den slowenischen Partnern wechseln dauernd oder sind unklar, deutsch-schweizerische Präzision in der Erfüllung von Verträgen wird nicht überall gleich interpretiert, Unzuverlässigkeiten treten auf, wo man sie nicht unbedingt erwartet ...

Andere Probleme betreffen das Team selbst, die Zusammenarbeit, die zunehmende Reizbarkeit von Menschen in der feindlichen Umwelt der Höhle, nach Wochen des Unter-Tage-Seins... Manches klingt da nach Phänomenen, die dem Höhlenforscher bekannt vorkommen ...

 

Vor allem aber lernen wir noch einmal intensiv den Menschen Kühn kennen. Welche tiefe emotionale Bindung ein Künstler zu seinem Werk entwickeln kann, das er nun, fast 5 Jahre nach der ersten Idee, nun vor dem Abschluss sieht, wird uns nochmals klar. Fesselnd und mitreißend ist sein Erzählen und mehr als verständlich ist uns, dass da manches Problem aus dem kommunikativen Bereich als persönliche Kränkung empfunden wird.

Herr Kühn berichtet auch, daß die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind. Schnitt, Vertonung und Nachbearbeitung nehmen noch einige Monate in Anspruch. Frühestens im Sommer wird der Film fertig sein. Langsam sind wir wirklich gespannt, wie das fertige Produkt wirken wird. Angesichts des Beleuchtungsaufwandes stellt man sich die Frage, ob die Höhle wirklich als Höhle wirkt, ob das Dunkel des Höhlenraumes herauskommt. Und von der schauspielerischen Leistung der Hauptdarsteller haben wir kaum einen Eindruck bekommen. Zweifellos wird für den Gesamteindruck auch die stimmige Umsetzung der Handlung eine wichtige Rolle spielen.

 

Die Premiere

16. August 1997: Wir stehen vor dem Fevi, einem der Aufführungsorte des Filmfestivals von Locarno, einem der sechs bedeutensten der Welt.

Die entscheidende Nachricht in Sachen Filmprojekt hatte uns im Juli erreicht. Der Film ist für das Filmfestival angenommen worden. Einige Bekannte vom Dreh treffen wir wieder, auch Christoph Kühn natürlich - heute ist die erste öffentliche Aufführung.
 

Die Spannung steigt, und - sie läßt 90 Minuten lang nicht nach. Wir erleben ein fesselndes Abenteuer unter der Erde. 
 

Ja, der Film ist gut geworden. Er ist dicht, spannend, ungewöhnlich, die Aufmerksamkeit fesselnd.

 

Die schauspielerische Leistung der Darsteller ist überzeugend. Der psychologische Krieg der beiden Gegenspieler ist gut dargestellt. Überzeugend sind die Nebenrollen, z. B. der Sohn von Tresch.

Auch hat das Ganze durchaus seine eigene "Handschrift", die am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig ist, weil teilweise die Handlung nur "angerissen" wird; das Thema des Versuches etwa wird aus mehreren Andeutungen erst nach und nach klar. Insgesamt wird dadurch aber Spannung erzeugt. Was aber das Schönste ist: Die Höhle wird tatsächlich als Höhle behandelt, der Eindruck, zwei Personen bewegen sich mit nur einer Taschenlampe durch eine dunkle Höhle, ist realistisch. Der Regisseur hatte keine Angst vor dunklen Szenen und erlag nicht der Versuchung, zuviel "schöne Höhle" zu zeigen (manchmal fast schon zu wenig?).

 

Sicher, der Höhlenforscher in uns hat hier und da eine Anmerkung:

Ist es realistisch, daß nach einer völligen Durchnässung ein kleines Lagerfeuerchen bald alles wieder trocknen lässt?

Würde ein Höhlenführer vom Schlage des Sepp Tresch dem Filmteam das Rauchen gestatten? Hier hätte sich angeboten, das Thema "Höhle als schützenswerter Raum" auch im Film anzusprechen.

 

Sicher, hier und da fragt man sich schon, wo nun das eine oder andere Licht herkommt. Auch ist eine Diskussion darüber, ob der Einsiedler Höllerer in der angedeuteten Weise wirklich permanent in der Höhle leben kann, müßig. Hier beginnt zweifellos die künstlerische Freiheit des Spielfilmes.


Die Reaktion des Publikums in Locarno war "höflich", Fragen an den Regisseur wurden im Anschluss erstaunlicherweise kaum gestellt. Einige Besucher erzählten uns beim Gespräch danach, daß sie vom Thema Höhle schon sehr beeindruckt waren. Auch ein Mitglied der Jury des Filmfestes, der zufällig neben uns saß, hob dies sofort hervor. Dergleichen gab es wohl tatsächlich bis dato noch nicht.

Wie das breite Publikum den Film (und damit auch den Handlungsraum Höhle) annehmen wird, ist wagte dennoch niemand vorherzusehen. Es ist immer sehr schwierig, bei Filmen eine Prognose über den Erfolg abzugeben. Der Film sollte im Laufe des Herbstes in den Verleih kommen. sein wird. Erst nach der Kinoauswertung ist die Fernsehausstrahlung geplant.

Abspann

Diese Zeilen entstehen 10 Jahre nach Abschluss der Dreharbeiten. Was bleibt in der Rückschau?

Eigentlich etwas traurig - fast nichts. ztur gleichen Zeit kam der Film TITANIC in die Kinos - unnötig zu fragen, was daneben Bestand haben konnte. Das aufwendige Projekt IRRLICHTER blieb ganz einfach im Stau des Blockbusters stecken. IRRLICHTER hat es nie wirklich in die Kinos geschafft. Eine kleine Werkstattvorführung gab es in München, kaum besucht.

Nach längerer Zeit wurde der Film im Fernsehe zu sehr später, ungünstiger Zeit gesendet. Der Süddeutschen Zeitung war er einen Kommentar aus genau zwei Worten wert: "Grottenschlechter Film".

Das hat er vermutlich auch nicht ganz verdient.

 

Danksagung

Was uns persönlich bleibt sind vielfältige, sicher nicht alltägliche Eindrücke, neue Kontakte zu interessanten Menschen und neue Erfahrungen auf dem Gebiet Kunst & Höhle.   

Allen die uns diese ermöglicht haben, sei dafür ganz herzlich gedankt

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Szenenfotos oben und unten:

Ralp Mettler (Tobias Langhoff)

Meta Forster (Barbara Auer)

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Szenenfoto:

Der Geologe Höllerer (Adolph Spalinger)

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Szenenfoto: In der Höhle

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Szenenfoto: EINGESCHLOSSEN!

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Szenenfoto: Barbara Auer

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Filmbauten vor dem Eingangsbereich der Höhle Dimnice

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Filmlicht in der Höhle von Otok

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Dreharbeiten in der Höhle von Otok

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Hannes Rampetsreiter in der künstlichen Höhle

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Hannes Rampetsreiter zwischen künstlichen Troppfsteinen, die den natürlichen Höhlenschmuck ergänzen.

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